Adam_Smith schrieb:
Hat denn nicht das eine Negativbeispiel gereicht um zu zeigen wie in diesem Thread nicht diskutiert werden sollte?
Wir können gern darüber diskutieren, wie man eine Diskussion richtig und vor allem sachlich richtig führt. Das gehört aber wohl kaum in diesen Thread.
Adam_Smith schrieb:
Es ist daher auch absolut abwegig bei der Frage danach ob die Höhlenmenschen bereits "religiös" waren oder nicht, heutige Maßstäbe anzusetzen.
Es ist allerdings durchaus nachweisbar, dass selbst die Neandertaler mit ihren begrenzten Fähigkeiten bereits einen Hang zum "Glauben" hatten.
Dies belegt eben genau das, was der Kern meiner Aussage war: "Der Glaube kommt aus dem Menschen selbst und wird nicht von irgendwem erfunden und den Menschen "aufgezwungen"."
Du hast natürlich Recht, man kann für Höhlenmenschen keine heutigen Standards ansetzen. Ich meinte auch eigentlich heutige Standards entsprechend für die Zeit angepasst. Trotzdem ist mir immernoch nicht so ganz klar, an welcher Stelle hier nun die Grenze zwischen Kult und Religion gezogen wird bzw. zwischen dem einen Glauben und dem anderen, wie ich es ein paar Posts weiter vorher fragte.
Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass die Religion kein Bedürfnis des Menschen sondern eher das Ergebnis eines menschlichen Bedürfnisses (bzw. mehrerer) ist. Da gibt es zum einen den von Ludwig Feuerbach postulierten "
Glückseligkeitstrieb", und zum anderen das Bedürfnis, Erklärungen zu finden, Zusammenhänge zu erkennen und durch die gewonnene Erkenntnis seine Umwelt zielgerichtet zu beeinflussen.
Ein Weg, diese Bedürfnisse zu befriedigen, mag die Religion sein und in der Vergangenheit gehörte er mit Sicherheit auch zu den bevorzugten. Das Vorhandensein eines Glaubens belegt indes aber noch nicht, dass das Bedürfnis auch auf ihn gerichtet sei und gerade im Kontext der Frage dieses Threads muss man sich mit der Frage auseinandersetzen, ob mit zunehmendem Wissen, Verständnis für die Welt usw. die Religion weiterhin der präferierte Weg bleibt.
Adam_Smith schrieb:
Dies allein ist ein schlagendes Indiz für die Annahme, dass der Mensch den Glauben immer wieder aufs neue Entwickeln würde, wenn er denn bei null Anfänge.
Diesem Indiz widersprechen aber nicht zuletzt die über 900 Mio. nicht religiösen Menschen und Atheisten (
Wikipedia), die scheinbar trotz eines Überangebotes an Glaubensrichtungen ganz gut ohne auskommen.
Einige Menschen würden den Glauben womöglich immer wieder entwickeln, die Menschheit als ganzes nicht zwangsweise.
Adam_Smith schrieb:
Immer dieser Schrei nach Belegen ...
Ist es mittlerweile so weit gekommen mit unserer Welt, dass Menschenverstand und gemachte Erfahrungen nicht ausreichen um die Annahme einer gewissen These zu rechtfertigen?
Offensichtlich reicht der gesunde Menschenverstand und die gemachten Erfahrungen nicht aus, sclhießlich sagt mir diese vermeindliche Argumentationsgrundlage etwas anderes als dir, sonst würden wir diese Diskussion nicht führen. Ich bleibe dabei, dass man sich über eine gemeinsame Argumentationsgrundlage klar werden oder klar sein muss, bevor man eine sinnvolle Diskussion führen kann. Dazu gehört aber auch, dass man sich mit Aspekten kritisch auseinander setzt, die vielleicht eindeutig erscheinen, es in Wirklichkeit aber gar nicht sind. Nichts ist irreführender als eine vermeindliche Tatsache.
Falls du also davon ausgehst, dass der Hang zum Glauben ein menschliches Grundbedürfnis sei, dann ist es nur logisch, dass du zu dem Schluss kommst, dass wir darauf auch nicht verzichten können. Du triffst dabei aber eine Annahme und dessen solltest du dir bewußt sein. Und wenn ich weiß, dass du diese Annahme triffst, kann ich deine weiteren Schlüsse auch einordnen. Aber sei dir bitte bewußt, dass die meisten Dinge, die du hier wie Tatsachen formulierst, in Wirklichkeit nur Annahmen sind, die auf deiner subjektiven Wahrnehmung basieren. Dabei möchte ich mich auch nicht ausnehmen, aber um eben die Wahrnehmung der anderen Diskussionsteilnehmer wenigstens in Grundzügen zu verstehen, sind gewisse (unbequeme) Fragen unerlässlich.
Adam_Smith schrieb:
Natürlich kann ich den Blick in die Zukunft nicht belegen, denn ist bleibt so lange eine Vermutung bis das vermutete Ereignis eingetreten ist. Man kann aber die Erfahrungen der Vergangenheit und sein Menschenverständnis nutzen um seine Vermutungen zu präzisieren und zu festigen. Ich habe die Argumente vorgebracht die dafür sprechen, dass der Mensch ohne Glaube nicht kann, es wäre interessant deine Argumente dagegen zu hören.
Wenn du argumentierst, dass
der Mensch ohne Glaube nicht kann, würde ein Gegenbeispiel reichen, was sich auch recht leicht finden lassen sollte (siehe die über 900 Mio. Menschen weiter oben). Wenn du deine Aussage dahingehend änderst, dass
viele Menschen ohne Glauben nicht können, wird es schon schwieriger. Hier kann man sich lediglich die Entwicklung der Glaubenszugehörigkeit anschauen, dabei sind die Statistiken aber stark unterschiedlich und davon abhängig, welche "Seite" sie in Auftrag gegeben hat.
Hier kann man aber zumindest sehen (und das gesteht der Text auch ein), dass sich die Strömung des "Nichtglaubens" praktisch von 1900 bis 1970 von einer Randerscheinung zu einem Massenphänomen entwickelt hat. Man sollte aber auch nicht verwschweigen, dass die Entwicklung prozentual seither relativ konstant ist, was im übrigen auch meinem gesunden Menschenverstand und den von mir gemachten Erfahrungen widerspricht. Wobei die
Shell Jugendstudie die Vermutung nahe legt, dass es unter jungen Menschen doch einen weit größeren Prozentsatz von Personen gibt, die weder an einen persönlichen Gott noch an eine höhere Macht als solche Glauben. All das kann man als Trend interpretieren, der darauf hinaus läuft, dass die Zahl derer, die noch eines Glaubens bedürfen, kleiner wird. Was dabei nicht unbedingt geklärt wird, sind die Gründe dafür.
Adam_Smith schrieb:
Schau dir unsere nächsten Verwandten im Tierreich an ... Gesellschaftstiere.
Orientieren wir uns am Grundgedanken der Evolution, so hatte ein gewisser Hang zur Gruppenbildung durchaus Vorteile, was das Überleben angeht (besser Schutz gegenüber Räubern, Aufzucht der Jungen etc.). Für unsere Verwandten im Tierreich ist das nachwievor von großer Bedeutung. Hat aber erstmal nichts damit zu tun, "wichtigen Dinge seines Lebens mit der Gesellschaft zu teilen" (Zitat: Adam_Smith) sondern viele profanere Zielstellungen. Viele der im Tierreich relevanten Aspekte sind für den Menschen inzwischen aber eher zweitrangig. Dass sich viele Menschen gern in Gesellschaft befinden (mich eingeschlossen), möchte ich ja gar nicht abstreiten, aber dass der Mensch per se ein Gesellschaftstier sein muss (und damit alle, die das anders sehen zu Randerscheinungen degradiert werden), kann ich so nicht unterstützen. Und wenn ich mich selbst so anschaue, dann teile ich zwar gern die "unwichtigen" Dinge des Lebens mit der Gesellschaft (gemütlicher Fernsehabend, auf nem Konzert abrocken etc.), bei den vermeindlich wichtigeren Dingen, bin ich da aber sehr selektiv, was mein Teilungsbedürfnis angeht.
Adam_Smith schrieb:
Der Mensch ist doch weit mehr als nur die Aneinanderkettung von Atomen. Dachte wir wären hier alle auf dem selben Stand.
Da kannst du mal sehen. Für mich ist der Mensch in erster Linie ein großer Haufen Atome. Alles andere ist die menschliche Interpretation ihres Zusammenwirkens. Und nein, ich brauche auch keine Erklärung, was nach dem Tod passiert, weil es für mich keinerlei Relevanz hat, genauso wenig wie der "Sinn des Lebens". Als ob es eine Selbstverständlichkeit sei, dass es einen allgemeinen Sinn geben muß.
Adam_Smith schrieb:
Eine Annahme die man trifft ohne handfeste Belege für die Richtigkeit der Annahme zu haben ist immer eine Form des Glaubens. Für mich gibt es auch diese strickte Trennung zwischen Religion und anderen Glaubensformen nicht.
Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, wer es war, hier wurde aber schon mehrfach darauf hingewiesen, dass man das Christentum wohl kaum mit Scientology vergleichen könne. Darüber hinaus stelle ich mir schon die Frage, ob wir hier nun allgemein vom Glauben oder doch vom religösen Glauben reden. Und zumindest Wikipedia sieht da einen Unterschied:
"Im Gegensatz zum Glauben im Allgemeinen beruht der religiöse Glaube jedoch stets auf dem Willen zum Glauben oder auf einer Suggestion." (
Quelle).
Damit stimmt deine Aussage ("Annahme ohne handfeste Belege") für den allgemeinen Glauben, reicht aber als Charakterisierung des religiösen Glaubens nicht aus. Auch wenn ich mir objektiv nicht sicher bin, ob man diese Trennung vornehmen muss, so bemerke ich doch, dass meine Intuition an der Stelle sehr wohl eine Trennung machen möchte.
Adam_Smith schrieb:
Aber darum geht es hier nicht ... Die Annahme der Mensch käme ohne Religion aus ist eine Art des Glaubens, ganz einfach.
Ich würde es eher als These sehen, die es zu widerlegen gilt. Und zumindest im Gegensatz zu vielen kirchlichen Dogmen ist diese These nicht per Definition nicht widerlegbar. Allerdings dürfte sich die Durchführung eines entsprechenden Experimentes als schwierig erweisen. Mit religiösem Glauben hat das aber nichts zu tun, schließlich bedarf dieser (siehe Anmerkung weiter oben) des Willens, daran zu glauben. Und da ich dem ganzen wertfrei gegenüber stehe und sich für mich mit der (theoretischen) Fragestellung, ob es möglich wäre oder nicht, praktisch keine Konsequenzen verbinden, da wir es wahrscheinlich nicht ausprobieren werden (in unserer Lebenszeit jedenfalls), kann ich bei mir keinen Willen zum Glauben (in der einen oder anderen) Richtung feststellen.