Zu direkter Demokratie gehört natürlich mehr als nur Volksentscheide.
Wie schon angesprochen wurde, muss einiges vorab bzw. parallel laufen. Es muss eine gründliche öffentliche Debatte geführt werden, bei der
alle Fakten und Alternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen auf den Tisch kommen. Und über all diese Alternativen muss dann abgestimmt werden, nicht nur über eine Vorauswahl, die eventuell so gewählt ist, dass das Ergebnis quasi schon wieder fest steht.
Insgesamt braucht man, damit das Volk sinnvoll direkt mitentscheiden kann, eine weitestgehende Transparenz in der politischen Entscheidungsfindung. Es muss schluss damit sein, dass Entscheidungen im Hinterzimmer getroffen und wichtige Interessengruppen dabei ausgeschlossen werden und niemand außerhalb der vier Wände jemals nachvollziehen kann, warum denn eine bestimmte Entscheidung getroffen wurde.
Ich erinnere mich z.B. an Verhandlungen über Urheberrechtsreformen, wo nur ausgewählte Regierungs-Politiker, Rechteinhaber und Internetprovider anwesend waren, aber niemand, der die Interessen der Verbraucher/User vertreten hätte.
Ein anderes Problem bei direkter Demokratie ist, dass auch bei weitestgehender Transparenz einfach nicht jeder Bürger sich ausreichend über jedes einzelne Thema informieren kann, um sinnvolle Entscheidungen treffen zu können. Selbst wenn grundsätzlich das Interesse da ist und alle Fakten auf dem Tisch liegen, das schafft man einfach nicht, weil man sich ja nebenbei auch noch um sein eigenes Leben kümmern muss.
Man braucht also trotz allem eine Art Deligiertensystem, in dem man bestimmten Personen, die zu einem Themengebiet über entsprechendes Fachwissen verfügen, seine Stimme anvertrauen kann. Aber eben Themenbezogen und auch nicht nur per Wahl alle vier oder fünf Jahre, sondern jederzeit "aufkündbar".
Ein Versuch in diese Richtung ist das Tool Liquid Feedback bzw. das dahinter stehende Konzept
Liquid Democracy. Zugegebenermaßen funktioniert das auch nicht perfekt, aber es stellt meiner Meinung nach eine Alternative zum bisherigen Abgeordneten-System da, das man zumindest mal ausprobieren könnte. Dabei bleibt noch die Frage offen, wie man das mit dem bisherigen System, wie es per Grundgesetz definiert ist, unter einen Hut bekommen kann. Es ist eine Baustelle, aber wie gesagt, eine Chance hat es verdient.
Ich will das Thema hier nicht noch weiter aufdröseln, weil es in diesem Thread ja um konkrete Wahlentscheidungen gehen soll. Aber wie gesagt, ist das Thema direkte Demokratie für mich neben Achtung der Grundrechte das wichtigste überhaupt und es gibt derzeit nur eine Partei, die sich da besonders hervor tut, und das sind die Piraten.
Auch wenn andere Parteien laut Wahl-o-Mat und Co. meinen eigenen Ansichten programatisch vielleicht sogar noch etwas näher stehen, fällt für mich die Entscheidung deshalb trotzdem klar für die Piraten aus. Im Parteiprogramm kann vieles stehen, aber nur direkte Demokratie stellt sicher, dass das nicht einfach per faulen Kompromissen oder Korruption verwässert wird.