Also ich wähle viel lieber eine kleine Partei, die inhaltlich und in ihren Methoden meiner eigenen Vorstellung weitgehend entspricht, als strategisch das vermeintlich "kleinere Übel" unter den etablierten Parteien. Auch wenn die Partei die 5%-Hürde vielleicht (noch) nicht packt.
Was die 5%-Hürde angeht, bin ich etwas zwiespältiger Meinung.
Eingeführt wurde sie aufgrund der Erfahrungen in der Weimarer Republik, wo man in dem unter zahlreichen kleineren Parteien aufgeteilten Reichstag und der daraus resultierenden schwierigen Mehreitsbildung und instablien Regierungen einen Grund für das Scheitern sah.
Aber letztlich ist die Weimarer Republik ja nicht an den Kleinparteien gescheitert, sondern weil sich (mit Ausnahme der SPD) alle
großen demokratischen Parteien von der NSDAP haben einspannen lassen. Es wurde aufgrund von machtpolitischen Ränkespielen Politik gegen das Volk gemacht. Vielleicht hätten mehr unabhängige Kleinparteien im Parlament das fatale Ermächtigungsgesetz verhindert?
Ich finde, dass es wichtig ist einzusehen, dass in einer parlamentarischen Demokratie die Macht nunmal gar nicht bei der Regierung liegen
soll, sondern beim Parlament. Die Regierung soll gar nicht dank "stabiler Mehrheiten" jedes Gesetzesvorhaben, das ihr in den Sinn kommt, im Parlament einfach abnicken lassen können. Es sollte genau anders herum laufen, dass die Regierung die vom unabhängigen Parlament in wechselnden Mehrheiten oder auch quer durch die Fraktionen beschlossenen Gesetze umsetzen muss. Egal ob sie ihr gefallen oder nicht. Dabei kann eine große Vielfalt im Parlament, die möglichst gut die Mehrheitsverhältnisse unter den Wählern widerspiegelt, nur hilfreich sein.
Das Parteiensystem, Koalitionsverträge und Fraktionszwang untergraben die Gewaltenteilung und stellen die Hierachie der politischen Instanzen in Deutschland auf den Kopf.
Andererseits ist das relativ moderne deutsche Demokratiesystem auch mit 5%-Hürde im Vergleich immer noch eines der für neue Parteien am "durchlässigsten".
In den USA oder auch nur Großbritannien hätte sowas wie die Piraten niemals einen Fuß in irgendwelche Parlamente setzen können oder es zumindest sehr viel schwerer gehabt. In diesem altmodischen, starren und indirekt demokratischen Systemen spielen selbst die Grünen keine Rolle. Wer z.B. in den USA eine "dritte Partei" bzw. einen unabhängigen Kandidaten wählt, wirft seine Stimme wirklich weg. Gegenüber diesen Zuständen ist Deutschland eine wahre Musterdemokratie.