habla2k schrieb:
Nein, ein Protest ist Verzicht. Aus dem Netz ziehen ist einfach nur kriminell, weil man mit etwas nicht einverstanden ist, aber gleichzeitig alles haben muss.
Dass "Raubkopien" das Musikstreaming ermöglicht haben oder dafür verantwortlich ist, finde ich auch ne sehr gewagte These.
Naja, das Herunterladen ist eine Urheberrechtsverletzung, die auch nur mit etwas untechnischem Gebiege der Rechtslage überhaupt zu einem Tatbestand wird - Stichwort Vervielfältigung. Ob der Begriff "kriminell" darauf angewendet werden muss, liegt im Auge des Betrachters.
Sieh es mal so: wenn ein Produkt häufig illegal heruntergeladen wird, dann gibt mir das als Hersteller Aufschluss darüber, dass offenbar ein großer Bedarf herrscht. Ein Verzicht legt diesen Schluss überhaupt nicht nahe. Diese Information ist aus kaufmännischer Sicht aber wichtig.
Das Raubkopieren von Musik war ein Massenphänomen. Erst wurde dem bösen Internet die Schuld zugeschrieben, was aber nur teilweise stimmte. Klar war es Anfang der 2000er einfacher, Songs herunterzuladen, weil das Internet immer mehr Verbreitung fand. Aber auch vorher waren illegale Kopien (Radiomitschnitte) üblich. Sie wurden nur nicht zu einem Massenphänomen. Das Internet hat die Verbreitung natürlich einfacher gemacht, es hat aber auch dafür gesorgt, dass Konsumenten festgestellt haben, was sie eigentlich wirklich wollen: statt ein Album mit 14 Songs für 20€ zu kaufen, wollen sie sich ihre Playliste mit 14 Songs aus verschiedenen Alben lieber selbst zusammen stellen, ohne dafür mehrere hundert Euro zu bezahlen.
Das Internet existiert ja immernoch, es ist auch heute noch leichter an illegale Musik-Downloads zu kommen als vor 20 Jahren. Trotzdem fährt die Musik-Industrie heute höhere Gewinne ein, als zu den CD-Zeiten und dass, obwohl kaum noch Alben verkauft werden. Der Grund ist die Umstellung des Vertriebsmodells von einem Album-Zwangskauf für einzelne Songs zu individualisierbaren Käufen. Und an dieser Umstellung - inklusive an den Rekordgewinnen der Industrie - hat, ob du es glaubst oder nicht, das Raubkopieren einen Anteil.
Die Analogie zur Spieleindustrie hinkt, das hatte ich ja in meinem Post auch schon geschrieben. Trotzdem lassen sich daraus Erkenntnisse ziehen: Menschen sind bereit, empfindliche Strafen in Kauf zu nehmen und den Umweg über unbequeme Vertriebskanäle zu gehen, anstatt sich das Produkt legal zu kaufen. Also entweder sind die Vertriebswege Mist oder die Qualität des Produkts entspricht nicht dem Preis. Da die Vertriebswege für andere Spiele gut funktionieren und nicht die ganze Branche unter Raubkopien leidet, ist es wohl das Preisleistungsverhältnis. Ich muss die Qualität des Produkts erhöhen oder den Preis drücken, um auch mit der interessierten Raubkopiererschaft Profite zu machen. Das lohnt sich natürlich nur, wenn die Raubkopiererschaft groß ist, wenn sie klein ist, stellt sie aber auch keine Gefahr für meine eigenen regulären Profite dar. Das ist das Paradoxon der Raubkopie.