Maviapril2 schrieb:
Aber a) ich wüsste auch nicht wie ich es besser machen sollte, da müsste erstmal was sinnvolles in der deutschen Sprache gefunden werden. Und b) da es eine einzige Quest ist, verstehe ich nicht, warum da so ein Wirbel drum gemacht wird.
Dazu vielleicht drei Ansätze. Besser wäre es gewesen, wenn sie mit in-game Lore gearbeitet hätten statt mit Anachronismen (ich weiß, es ist ein Fantasyspiel, eine zeitliche Einordnung ist da schwierig, aber ein Setting gibt auch erwartbare Begriffe vor).
Dragon Age: Inquistion kannte das Konzept von Transgender bereits und dort hatten die Autoren sich etwas "lore-freundliches" erdacht und ein Wort für die Qunari erschaffen: Aqun-Athlok; "one born one gender and living another". Das passt deutlich besser in die Welt als Begriffe wie "transgender" oder "non-binary" (binary geht etymologisch zwar ins Latein zurück, wurde bereits vor hunderten Jahren wenn auch selten benutzt und ist grundsätzlich passend in einem Fantasyspiel, auch wenn die Häufigkeit der Nutzung erst in den 1940er Jahren stark anstieg, im Kontext von Geschlechterrollen aber doch ein
sehr moderner Begriff ist).
Eine sich entwickelnde Lore ist über einen solch langen Release-Abstand/Zeitraum in gewisserweise normal und auch in Ordnung, aber in der Regel wird eine Lore ergänzt, verfeinert, weitergedacht und nur selten mit einer rückwirkenden Kontinuität (retconning) versehen, dann aber entweder ausversehen oder um die Handlung stimmig zu machen. Stimmig ist in DA:V aber wenig.
Von linguistischen Feinheiten abgesehen (die, wie ich persönlich finde, aber wichtig für Immersion, Setting und Storytelling sind; aber das nur meine Meinung), der zweite Ansatz: Aktivere Gestaltung der Dialoge und Konsequenzen aus diesen. Grundsätzlich verzichtet DA:V aber auf jegliche Form von Eskalationen in Gesprächen. Man kann jemanden nicht mal als "Idiot" bezeichnen, auch wenn dies im Antworttext steht; die Hauptfigur fragt lediglich etwas genervt "Who are YOU?". In einer, sonst für RPGs typischen Mechanik, aber auch in diesem Spiel mit seinen (lediglich suggerierten) Dialogmöglichkeiten, übernehmen wir hier viel zu oft die Rolle des passiven Beobachters, und nicht als jemand, der aktiv eine Handlung steuert. Dazu würde auch gehören, einer Handlung aus dem Weg zu gehen. Man kann zwar Gesprächsthemen vertiefen, aber richtig Stellung beziehen und den Hintergrund und Persönlichkeit der Figur ausarbeiten durch seine/ihre Antworten ist gar nicht möglich. Zu fein sind die Abstufung zwischen der freundlichsten/sozial erwünschten und der "bösesten" Antwort. Jetzt könnte man argumentieren, dass DA:V gar kein richtiges cRPG sein soll mit fein ausgearbeiteten Alter Egos. Nun gut.
Daher noch ein dritter Ansatz: Anstatt die betroffene Person, Taash, zu Wort kommen zu lassen, ergreift hier eine andere Person als belehrender Surrogate das Wort. Grundsätzlich ist es natürlich wichtig, marginalisierten Gruppen eine Stimme zu geben und da Bedarf es (leider) oft die Unterstützung priviligierterer Gruppen. In diesem Fall ist die betroffene Person aber anwesend, wurde nicht systematisch ausgegrenzt und kommt nicht deshalb nicht zu Wort, sondern weil die
faux pas leistende Person das Wort einfach ergreift und dann sehr ausführlich und ausschweifend darstellt, wann eine Entschuldigung echt sei und wann nicht. Dies tut sie aber mit solch einer Deutungshoheit, dass sie hier selbst eigentlich schon beinahe übergriffig wird. Denn entschuldigen kann sowieso nur die verärgerte/betroffene/geschädigte/verletzte Person. Man kann um Entschuldigung bitten, aber nur weil ich zehn Liegestütze mache und sich das für
mich besser anfühlt als Worte, muss das der betroffenen Person nicht zwangsläufig helfen. Hier wäre besser:
miteinander reden, anstatt übereinander. Und warum eine aus dem ersten und zweiten Teil bekannte Piratin auf diesein dieser Welt doch eher modernen Feinheiten achtet, sich aber früher sehr ungerne in anderer Leuten Angelegenheiten ohne nennenswerte Belohnung einmischte und auch Menschenhandel unterstützte und Sklaven ertrinken lies (sofern wir die offiziellen Graphic Novels als Lore zulassen), ist etwas rätselhaft. Und nichts von dem kann man als Protagonist/in erwähnen. Wir müssen es hinnehmen. (Natürlich kann man Dialoge/Sequenzen überspringen, aber das ist eher ein Meta-Element als eine Charakterhandlung).
Aber dafür (und für vieles andere) braucht man eben ein Gespür. Guten Autoren haben das. Die Autoren von DA:V leider nicht. Das zieht sich durch beinahe das ganze Spiel. Deshalb kommt es besonders in dieser "kontroversen" Szene rüber, als wäre die "sprichwörtliche" Personalabteilung beim Schreiben anwesend gewesen und man hätte Checkboxen abgehakt. Letztendlich ist diese Szene aber nur die Kulmination eines ahnungslosen Autorenteams.
BioWare ist eben letztendlich nur der Name eines Studios, einer Firma, und damit eine juristischen Person, auch wenn Publisher gerne mit diesen Namen werben. Die kompetenten
Personen, also die, die letztendlich ein Spiel ausmachen, sind schon vor langer Zeit gegangen.
Immerhin: Technisch sind die aktuellen Leute dort schon kompetent. Der PC-Port soll exellent sein. Den einschläfernden Gesichtsanimationen von NPCs, die nicht zum Tonfall des Gesagten passen, schreibe ich mal dem begrenzten Budget zu.