Ich bin letztes Wochenende von meiner zweiwöchigen Schottlandtour mit einem Kollegen zurückgekommen. Ich kann nur sagen: Was für ein geiles Land.
Aber der Reihe nach. Um die Anreise zur Fähre in Rotterdam aufzulockern, sind wir ein Stückchen TET über befestigte und unbefestigte Feldwege gefahren. Über Nacht ging es dann nach Hull in England. Es gibt zwar auch eine Fähre, die von Amsterdam nach Newcastle fährt, was ca. drei Stunden Autobahnfahrt näher an der schottischen Grenze liegt, aber bei dieser waren die günstigen Kabinen schon ausgebucht, sodass der Preisunterschied für zwei Personen, zwei Motorräder und einer Kabine mal eben bei 1000€ lag (wir haben zusammen gut 600 für hin und zurück bezahlt). Die Grenzkontrolle auf der Insel hat sich ziemlich mühselig gestaltet, weil es lecker warm und brechend voll mit Mopeds war, die zur Isle of Man weiterreisen wollten wegen der TT. Ganze 300m nach Verlassen der Fähre und Passieren der Kontrolle hatten wir dann die erste Panne zu verzeichnen. Die GS vom Kollegen wollte nicht mehr anspringen. Anschieben klappte nicht, aber ein anderer GS-Fahrer hat dem Karren Starthilfe geben können. Wir also schnurstracks zum nächsten Kfz-Teile-Laden gefahren und Starterkabel gekauft (und die GS währenddessen weiterlaufen lassen). War vergebens, eine Stunde später beim ersten Stop ging wieder nichts, aber Starthilfe mit der V-Strom klappte auch nicht. Scheinbar registriert die GS, dass die Spannung zu schnell einbricht und lässt den Anlasser nicht rödeln. Der "britische ADAC" hat's mit einem Boosterpack nochmal geschafft und wir sind erstmal nach York zum BMW-Händler gefahren. Der hatte eine Batterie für den Kollegen, die eigentlich in eine neue Maschine eingebaut werden sollte. Für 171 Pfund. Lief dann aber wieder tadellos.
Im weiteren Verlauf des Tages haben wir es durch die drei verlorenen Stunden natürlich nicht zum geplanten Campingplatz geschafft. Stattdessen haben wir irgendwo auf einem Platz in England unsere Zelte aufgeschlagen. Hervorheben möchte ich aber die fantastische Gastfreundlichkeit der Leute, die uns an dem Tag überall zuteil wurde.
Am nächsten Tag mussten wir die verlorene Strecke auf einen Schlag wieder aufholen, weil wir vorab in Dufftown (Hauptstadt des Whiskys) eine Nacht im Hotel gebucht hatten. Also geschmeidig die 450km durch Nordengland mit dem Northumberland National Park, über die schottische Grenze mit Kurs auf Edinburgh und zu guter Letzt durch den Cairngorms National Park. Das Bild mit den Fässern stammt aus Dufftown vor dem Gelände der Glenfiddich Distillery.
Weiter ging es nach einem leckeren schottischen Frühstück (alias englisches Frühstück mit Haggis) im Hotel zwei Tage lang Richtung Südosten bis zur Küste, der wir dann in Richtung Norden gefolgt sind (Bild vor dem Meer, das Örtchen heißt Crovie) bis nach Inverness. Von hier aus haben wir eine Schleife um Loch Ness gemacht und da übernachtet. Loch Ness war schön, aber ist natürlich auch gut von Touristen frequentiert und bleibt für mich in Summe klar hinter den Highlights, die wir in den vier nachfolgenden Tagen bereist haben.
Am ersten davon sind wir wieder durch Inverness gekommen und haben die Highlands im östlicheren Teil durchquert (das Bild mitten im Nirgendwo, wobei das nicht wirklich einfängt, wie es da war). Ab hier gab es überwiegend Single Track Roads, wobei man sich da auf zwei Rädern wie eine fahrende Gottheit fühlt, so wie da alles und jeder aus dem Weg gesprungen ist. Den Tag fand der Kollege am besten. Kampiert haben wir schließlich an der Nordküste in Durness. Hier ist in der Nacht auch das einzige Mal auf der ganzen Reise ein Schauer über uns drübergezogen, ansonsten hat uns jeden Tag spätestens ab Mittag die Sonne angelacht.
In den folgenden zwei Tagen sind wir entlang der Westküste, vorbei an wunderschönen Landschaften, zur Isle of Skye gefahren. Bei der Zwischenübernachtung sind wir ab der Dämmerung zum ersten Mal den Midges (kleine Beißfliegen) begegnet. Und wie. Die haben uns am Abend gefressen und am Morgen beim Zusammenpacken weitergemacht. Also schnell rauf auf den Bock und geflüchtet. Weiter südlich auf der Applecross Halbinsel sind wir zunächst der Küstenstraße gefolgt bis nach Applecross, um uns in Applecross mit Fish 'n' Chips zu stärken. Danach ging es über den einzigen Pass in Schottland, der ein bisschen Alpenfeeling aufkommen lässt, wieder runter von der Halbinsel.
Auf der Isle of Skye haben wir die Zelte zwei Nächte stehen lassen. Nach der ersten (in der mir etwas frisch geworden ist, war scheinbar doch nicht so eine gute Idee, das Zelt quer zum Wind auszurichten) sind wir die Insel ohne Gepäck abgefahren. Der Kollege meinte, er fand die Insel etwas zu sehr hochgejubelt, aber ich glaube das lag eher daran, dass wir in den Tagen davor schon ein Superlativ nach dem anderen abgefahren sind. Mir hat es jedenfalls äußerst gut gefallen. Abends dann noch in den an den Campingplatz angeschlossenen Pub mit eigener Brauerei. Bier können sie da irgendwie nicht so richtig, aber das Essen (Haggis, Neeps & Tatties) war gut.
Am nächsten Morgen haben wir Skye am südlichen Ende per Fähre verlassen. Erstes Ziel auf der anderen Seite war das Glennfinnan Viadukt, bekannt aus der Verfilmung von Harry Potter und die Kammer des Schreckens. Das Viadukt war gar nicht mal so eindrucksvoll, aber dafür haben wir den "Hogwarts Express" mit der Dampflok in Mallaig angetroffen, wo die Fähre ankam.
So langsam hatten wir allerdings ein weiteres Problem: Der schon bei Tourbeginn nicht mehr so ganz fabrikneue Hinterreifen an der GS hatte Ambitionen zum Slick zu werden (war im Neuzustand immerhin mal ungefähr ein 70/30 Reifen). Obendrein sind wir auf der Fähre mit einem englischen Biker ins Gespräch gekommen, der uns warnte, dass in Glencoe, unserem eigentlichen Tagesziel, die Hölle in Bezug auf Midges los wäre. Schnell mal die Midge Forecast angeschaut, die das bestätigt hat, höchste Stufe wie bei unserem ersten Aufeinandertreffen mit den Viechern. Wir haben dann spontan die Tagestour verlängert und die Route nach Oban an der Küste umgeplant. Da gab es zwar auch am Abend Midges, aber bei weitem nicht so viele. Meine Pustelsammlung hat sich da "nur" auf ca. 80 erhöht. War trotzdem ganz witzig da, das war eigentlich kein Campingplatz, sondern eine Taucherschule, sodass wir bis auf ein deutsches Ehepaar mit Wohnmobil allein da übernachtet haben.
Am Folgetag, es war Montag, sind wir vorbei an Loch Lomond nach Glasgow zum BMW-Händler gefahren, nachdem wir uns ein paar Tage vorher schon angekündigt hatten. Super unkompliziert, nach einer Stunde hatte die GS neue Schlappen, diesmal zu vergleichbaren Konditionen wie bei uns. Danach ging es weiter in die Nähe von Stirling, wo wir unseren ersten und einzigen Pausentag eingelegt haben.
In den folgenden zwei Tagen sind wir wieder vorbei an Edinburgh, womit die Schottlandrunde (Route in weiten Teilen nach Reiseführer von Erik Peters) im Grunde vorbei war, ein Stück entlang der Küste und haben nochmal die Nationalparks und AONBs Englands im Landesinneren abgegrast, namentlich Northumberland, Kielder Forest, North Pennines und Yorkshire Dales. Letzte Übernachtung im Zelt war dann östlich von Leeds bei einem Biker Cafe mit angeschlossenem Campingplatz. Da war an einem beliebigen Donnerstagabend so viel los wie bei uns tagsüber am Wochenende zur Hochsaison in den entsprechenden Lokalitäten. Hier sind wir abends und morgens nochmal essen gegangen und haben dann den relativ kurzen Weg zur Fähre in Hull angetreten.
Bis tief in die Nacht haben wir, ein allein reisender deutscher Motorradfahrer und die letzte Flasche Whisky auf dem Schiffsdeck gequatscht. Am Samstag ging es dann ohne jeden Umweg auf schnellstem Weg nach Hause. Mein Thermometer hatte als Höchststand 33°C angezeigt und genau so hat sich das nach den angenehmeren britischen Temperaturen auch angefühlt😅
Ich war vorher noch nie in Großbritannien. Als Fazit kann ich nur ziehen, dass das zwar eine anstrengende und im Verhältnis auch nicht unbedingt günstige Reise war, aber auch eine äußerst lohnenswerte. 3800 km haben wir abgespult. Die Strecken sind öfter nicht das Kurveneldorado schlechthin gewesen außer vielleicht der einen oder anderen Single Track Road, die man dann aber aus anderen Gründen gemächlicher angeht, aber dennoch kurvig und vor allem auch sehr häufig mit "Achterbahngefühl". Die Landschaft war da, die Straße wurde draufgeworfen und fertig war das fröhliche Auf und Ab. Die V-Strom ist auch gefühlt für die schlechteren Sträßchen da gebaut worden, das hat absolut fantastisch funktioniert. Die relativ überschaubaren Offroad-Passagen samt Furtdurchfahrt, die wir noch eingebaut hatten, ließen sich mit den Scorpion Rally STR auch gut meistern. Ich fürchte zum Whiskytrinker werde ich weiterhin nicht, aber landschaftlich hat es mir vor allem der westlichere Teil Schottlands angetan, sodass ich gerne in den nächsten 2-3 Jahren mit der besseren Hälfte nochmal eine Reise (vermutlich ohne Motorrad) dahin unternehmen möchte
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