150 Jahre Deutschland

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downforze schrieb:
Nachtrag: ansonsten würde ich dir diese Liste und die Siedlungsgebiete nahelegen:
Germanische Stämme
Die Identität dieser von den römern unter "Germanen" zusammengefassten Stämme mit den "deutschen" ist konstruiert worden ... und zwar vor allem von nationalistischen Kräften in Deutschland ab ca. 1800 und ganz besonders perfide dann durch die Nazis ab ca. 1920.

"Germanien" ist eine Konstruktion des Gaius Julius (Caesar). Das ist die äussere Bedrohung, mit der er (und nach ihm noch einige weitere) größte Militärische Anstrengungen legitimierte.
Der weg an die Spitze der römischen Gesellschaft führte über militärische Erfolge ... und das macht die Konstruktion "Germanien" zu einer Angelegenheit der altrömischen Innenpolitik.

An vielen dieser "germanischen Sämme" ist nicht mehr deutsch, als an einer Paprika.
 
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Tiu schrieb:
Die Reichsgründung von 1871 zum 150 jährigen ist es aber nicht wert, warum?
Weil es, zusammen mit 1914 und 1918 ein schwieriges Thema ist.
Die Geschichtsversessenheit ist in Deutschland auch nicht so ausgeprägt, ob das positiv oder negativ ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Und in den heutigen Medien geht vieles unter, sobald das Interesse nur etwas abgeflacht ist.
 
DerOlf schrieb:
"Germanien" ist eine Konstruktion des Gaius Julius (Caesar). Das ist die äussere Bedrohung, mit der er (und nach ihm noch einige weitere) größte Militärische Anstrengungen legitimierte.
Das ist mir bekannt. Da gibt es eine schöne Doku: Das 3. Reich in Farbe. Wo zu Festumzügen auf einmal Kreuzritter mit dem Adolfkreuz auftauchen.
Im Weißwurstbundesland Bayern hat man ganz andere Vorstellungen von Ernährung und kulturellen Geflogenheiten wie an der Nordsee. Trotzdem wurde diese römische Definition übernommen. Einzig die Franzosen tanzten aus der Reihe (les allemands - defakto von Allemannen, ein eigener Stamm, abgeleitet).
Mit dem Deutschen Reich wollte man ja auch eine echte Nation erreichen. War ja vorher alles nur in Herzogtümern, Fürstentümern und kleinen Königreichen verteilt. Man hat sich 1871 sicher nicht ohne Grund genau diese Reichsgrenze ausgesucht.
 
Mustis schrieb:
So deutsch war das Kaiserreich aber eben nicht.
Schwer zu sagen, in einem Staat, der so jung ist.
Was hat Tirol mit Italien zu tun?
Oder die Falkland Inseln mit Great Britain.
Usw.

Preußen gehört zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Kaiserreiches, egal wie weit im Osten Teile davon lagen. Amtssprache war deutsch, es galt deutsches Recht und es waren Bürger Deutschlands.

Ich zweifel ja auch nicht den polnischen Nationalstaat an, nur weil bis 1918 für Jahrzehnte faktisch keiner existierte.
Meine Großmutter sehe ich z.B. als gebürtige Polin an (rechtlich explosives Terrain), während Ihr Bruder Deutscher war.

Und heute leben wir in der EU, auch wenn es bisher noch ein recht loser Staatenbund, wie Deutschland bis 1871, ist.
Und so sehe ich mich auch, gebürtiger Rostock, gefühlter Europäer.
 
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downforze schrieb:
Einzig die Franzosen tanzten aus der Reihe (les allemands - defakto von Allemannen, ein eigener Stamm, abgeleitet).
DIe Sprachen, in denen wir als "Germanen" bezeichnet werden, sind ebenfalls ziemlich selten.

Wahrscheinlich hängt das mit der jeweiligen ehemaligen Kolonialmacht zusammen ... warens die Franzosen, dann ist es was mit "alman" drin ... waren es die Briten, dann was mit "german".
Am besten gefallen mir da noch die Italiener ... die nennen uns einfach "Tedesci".
Die Dänen finde ich aber auch Klasse ... für die sind wir einfach "Tüsk".

Tatsächlich habe ich eben nur wenige Sprachen gefunden, in denen das Wort für "Deutsche" etwas mit "Alemannen" oder "Gemanen" zu tun hat ... meistens ist es tatsächlich eine Abwandlung von "teutsch" ... eine mittelalterliche Bezeichnung ... ich habe aber keine Ahnung, was "teutsch" für die Menschen damals bedeutet hat ... aber ich denke, dass es nichts ist, worauf ich heute stolz wäre.
 
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Die erschlossene indogermanische Wortwurzel *teuta trug die Bedeutung „Volk, Leute“.
Quelle: Wiki

teutsch=
Die Volkssprache des Heiligen Römischen Reiches, völkisch, volkssprachlich, Deutsch, die deutsche Schriftsprache.

Also nichts negatives, da es einfach zu einem Volk gehörend bedeutet.
 
Oh, das Thema hätte ich hier gar nicht erwartet.

150 Jahre seit Reichsgründung. Na ja, in der aktuell verfasste Republik hätte ich auch nicht damit gerechnet, dass irgendwer sich öffentlich dazu bekennt. Ich auf jeden Fall, denn ich erachte die Gründung als den Abschluss der Ereignisse rund um die Frankfurter Paulskirchenversammlung von 1848, wo das erste gesamtdeutsche Parlament proklamiert wurde. Von da an hat es zwar noch ein wenig gedauert bis 1871, aber ich wäre trotzdem gerne dabei gewesen.

Steinmeier hat das Thema ja auch nur mit spitzen Fingern angefasst. So ist das eben in einer dauererregten und ständig empörten Republik. Anstatt locker rund souverän mit Geschichte umzugehen, drehen sich die Spitzen des Landes ganz verdruckst zur Seite und tun so als hätten die Deutschen keine Geschichte. Kaum auszuhalten so viel Ignoranz. Vielleicht hört das auch irgendwann auf.

Die Gründung des Deutschen Reichs 1871 und die Vorbereitungen dazu von 1848/49 waren Sternstunden deutscher Geschichte.
 
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T.N. schrieb:
Anstatt locker rund souverän mit Geschichte umzugehen, drehen sich die Spitzen des Landes ganz verdruckst zur Seite und tun so als hätten die Deutschen keine Geschichte.
Die Nazis (1933-45) haben alles was sie angefasst haben für lange Zeit beschmutzt. Und es gibt fast nichts deutsches, sei es Kultur oder Geschichte, das sie nicht angefasst haben. So haben sie ein deutsches Bewusstsein vergiftet und unseren Nachbarn beigebracht uns zu fürchten.
 
acme.INC schrieb:
Ja, ja, das ist Schulwissen. Ich sprach vom Deutschen Reich und dem Weg dahin all die Jahrhunderte davor. Ich finde es schon beinahe peinlich, dass die Deutschen zumeist nur die 12 Jahre Nationalsozialismus ins Auge fassen, wenn über deutsche Geschichte geredet wird.

Äh, und niemand hat Angst vor Sandalenträgern, deren Füße oft genug mit weißen Socken verziert sind.
 
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downforze schrieb:
Nach dem 2. Weltkrieg wurde explizit der preußische Militarismus als Ursache genannt. Es verweisen auch schon frühere Werke darauf: z.B. Heinrich Mann - "Der Untertan".
Oder hier: „Die meisten Staaten haben eine Armee; die preußische Armee ist die einzige, die einen Staat hat“ Mirabeau.
Noch 1914 erklärte der franzö. Ministerrat das „Ende des preußischen [Anm. nicht des deutschen!] Militarismus“ als oberstes Ziel - warum wohl?
Das Deutsche Reich wurde dominiert von Preußen. Wie man allenernstes behaupten kann, es hätte mit Deutschland nichts zu tun, ist mir schleierhaft.
Nun, gerade das was Preußen anbelangt... vor allem den sog. preußischen Militarismus, der auch gerne immer wieder als typisch deutsch herhalten muss, gehört in weiten Teilen auch bloß zu einem (negativ) Mythos!

Ich zitiere hier einmal aus Wikipedia :

Das preußische Staatsmodell stützte sich auf eine besondere Form der Ethik, die gemeinhin als preußischer Geist zusammengefasst wird und in die Legendenbildung eingegangen ist.[36] So verbindet man mit Preußen auf der einen Seite die Stereotype der von protestantischen Werten (überwiegend lutherische Bevölkerung, aber calvinistisches Herrscherhaus) geprägten preußischen Tugenden wie beispielsweise Zuverlässigkeit, Sparsamkeit, Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Fleiß und Toleranz. Das gegenteilige Stereotyp verweist auf Militarismus, Autoritarismus, aggressiven Imperialismus und auf eine grundsätzlich demokratiefeindliche und reaktionäre Politik. Dabei hat Preußen weniger Kriege geführt als etwa Frankreich und England.[37]

Christopher Clark stellt für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts fest, dass in England und Wales jährlich etwa sechzehnmal so viele Menschen hingerichtet wurden wie im vergleichbar großen Preußen. Wurde in Preußen die Todesstrafe fast nur gegen Mörder verhängt, so gab es diese Strafe in England auch für zum Teil geringfügige Eigentumsdelikte. „Die Briten tolerierten staatliche Gewalt in einem Maße, wie sie in Preußen undenkbar gewesen wäre.“ Das Elend der Armen in Preußen in den 1840er-Jahren bleibe auch zurück hinter der irischen Hungerkatastrophe unter britischer Herrschaft. „Wären die Polen in Preußen von einer vergleichbaren Hungersnot dahingerafft worden, würden wir darin heute vielleicht Vorboten der Naziherrschaft nach 1939 sehen.“[38]

Das heutige Bild Preußens in der Geschichtswissenschaft ist weitaus differenzierter als beide Stereotype, deren letzteres aber, wie nachfolgend gezeigt, als Gründungsmythos der Bundesrepublik Deutschland als notwendig erscheint; es wird auf die Vielschichtigkeit und lange historische Entwicklung dieses Staates verwiesen.


„[Preußen und der Nationalsozialismus stehen] in einem absoluten Gegensatz. Preußen steht für die Hoheit des Staats, für die Idee, dass der Staat die gesamten Interessen der Zivilgesellschaft in sich aufnimmt. Für die Nazis war das unvorstellbar, sie wollten ein völkisches Gebilde an die Stelle des Staats setzen. […] Die Sonderweg-These war fruchtbar, weil sich die klügsten Geister damit auseinandergesetzt haben. Und sie erfüllte einen volkspädagogischen Zweck, denn sie ermöglichte es, verschiedene Problemkomplexe wie Militarismus, Gehorsamskult, Autoritätsgläubigkeit über den Begriff Preußen zusammen mit dem Nationalsozialismus in einen Topf zu werfen. Das hat die Entstehung einer liberalen Bundesrepublik erleichtert. Aber jetzt ist es Zeit, andere Fragen zu stellen und Raum zu schaffen für neue Sichtweisen.“
Christopher Clark: Der-Spiegel-Interview am 21. August 2007[39]

Zumal Nationalismus in GB oder Frankreich sowie der Militarismus des 19. Jhdt. sich durchaus in Nuancen unterscheiden mag, im Großen und Ganzen dem "deutschen" Nationalismus / Militarismus in nichts nachstand.

Auch der Einwurf des Rassismus im Kaiserreich sehe ich da gelassen entgegen verglichen mit Frankreich oder GB... es entsprach dem Zeitgeist in Europa und war für die Menschen im 19.jhdt eben so, auch wenn man das aus heutiger Perspektive ethisch / moralisch anders bewertet.
Ein ganzes Heer an europäischen / amerikanischen Anthropologen / Biologen / Mediziner haben naturwissenschaftlich versucht zu erklären, weshalb die "weiße" Rasse allen anderen überlegen ist.
Für die Menschen der damaligen Zeit war es ein IST. Ein "ist", dass wohl kaum einer in Europa ernsthaft in Zweifel gezogen hat!
 
Tiu schrieb:
Ein ganzes Heer an europäischen / amerikanischen Anthropologen / Biologen / Mediziner haben naturwissenschaftlich versucht zu erklären, weshalb die "weiße" Rasse allen anderen überlegen ist.
Für die Menschen der damaligen Zeit war es ein IST. Ein "ist", dass wohl kaum einer in Europa ernsthaft in Zweifel gezogen hat!
Und damit ist es natürlich ok...das IST war damals auch eher Glaube...wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing...
 
Tiu schrieb:
(...)Für die Menschen der damaligen Zeit war es ein IST. Ein "ist", dass wohl kaum einer in Europa ernsthaft in Zweifel gezogen hat!
Und für Menschen im Jahr 2021 ganz bestimmt kein Grund zum Feiern IST!
 
Glaube? Ich würde es Überzeugung nennen.
Für die Menschen des 19 jhdt... vor allem die der gebildeten Oberschicht war es Überzeugung.
Zum einen aus der Faktenlage heraus ( "wir" haben die Welt unterworfen ) und zum anderen eben auch aus Religiösen Gründen... Schließlich hatte man ja den richtigen Gott auf seiner Seite.
Die Kolonialmächte haben auf ihre Kolonialbürger herabgesehen wie Römer auf Barbaren.
Ergänzung ()

Binalog schrieb:
Und für Menschen im Jahr 2021 ganz bestimmt kein Grund zum Feiern IST!

Und wer genau feiert DAS?
 
Vermutlich die mit der Reichsflagge in der Hand oder welchen Grund haben diese Leute die Fahne zu schwenken?
 
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Binalog schrieb:
Vermutlich die mit der Reichsflagge in der Hand oder welchen Grund haben diese Leute die Fahne zu schwenken?
Man schwenkt die Reichsflagge -> ergo: Man sieht die weiße Rasse überlegen.
Ernsthaft jetzt ?!
 
Binalog schrieb:
Ich für meinen Teil kann das hier abkürzen, meiner Meinung nach ist die Einleitung zu diesem thread reine Provokation. Spätestens nach dem in #35 als Argument ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorgebracht wurde, welches sich genauso in Wiki unter einem bestimmetn Begriff findet, sollten manche Lichter angehen...

https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsbürgerbewegung#Das_Deutsche_Reich_bestehe_(statt_der_Bundesrepublik)_fort

Jetzt wird es lächerlich.
An welcher Stelle habe ich behauptet, dass das die BRD verfassungsrechtlich unrechtmäßig ist?
An welcher Stelle fasse ich die Faktenverwirrung von Reichsbürgern auf?

Nun, wenn Du das gerne so auslegen möchtest... bitte schön.
Jedem Narr sei Kapp ;)
 
Binalog schrieb:
Spätestens nach dem in #35 als Argument ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorgebracht wurde, welches sich genauso in Wiki unter einem bestimmetn Begriff findet, sollten manche Lichter angehen...

https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsbürgerbewegung#Das_Deutsche_Reich_bestehe_(statt_der_Bundesrepublik)_fort

zitaT aus Bundestagsdrucksache 18/5178 aus dem Jahre 2015 :

7. Gedenkt die Bundesregierung für Klarheit zu sorgen und die These von der Fortexistenz des Deutschen Reiches öffentlich als unhaltbar zurückzuweisen, damit diese Behauptung nicht von Neonazis und der so genannten Reichsbürgerbewegung für ihren Gebietsrevisionismus gegenüber den EUNachbarländern instrumentalisiert werden kann?


Die Bundesregierung verweist hierzu auf ihre Antwort zu Frage 27 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/4076 vom 20. Februar 2015.

https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/051/1805178.pdf

und darin heißt es :

Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass das Völkerrechtssubjekt „Deutsches Reich“ nicht untergegangen und die Bundesrepublik Deutschland nicht sein Rechtsnachfolger, sondern mit ihm als Völkerrechtssubjekt identisch ist (BVerfGE 36, S. 1, 16; vgl. auch BVerfGE 77, S. 137, 155)

https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/040/1804076.pdf

haben nun Reichsbürger die Bundesregierung infiltriert?
 
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Man kann es nicht mit dem Blick von heute moralisch bewerten

Wieviel Prozent der Bevölkerung haben denn damals überhaupt jemals Kontakt zu einem ausser europäischen Menschen, gehabt.

Viele werden kaum jemals, Kontakt zu einem Ausländer überhaupt gehabt haben etc.

Es ist nicht so als wären die Menschen heute "besser", sie werden nur mit anderen Werten aufgezogen, können sich eher selber ein Bild machen etc.

Haben einen ganz anderen Zugang zu Informationen.

Im übrigen ist es eine sehr ambivalente Geschichte, genauso wie nach der Krise in den 70er Jahren die Alldeutschen und andere Antisemiten Zulauf hatten, genauso haben sich eben auch damals Gegenbewegung gebildet.

Wie gesagt ambivalent, es war z. B. Das Bundesland Preußen, das sich noch als letzter gehen die Machtergreifung der Nazis gewehrt hat.
Auf der anderen Seite gab es viele Unterstützer aus den Reihen des Polizeiapparates.
 
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