Gravlens schrieb:
Es gibt genügend Gegenbeispiele wo die Zeit und die finanziellen Ressourcen da wären bzw. von Anfang an keinen großen Wert darauf gelegt wird.^^
Der größte Tod der Softwareentwicklung ist von Anfang an zu optimieren. Je größer und komplexer das Produkt ist (und jährlich nimmt die durchschnittliche Komplexität seit Jahrzehnten um 11% zu) umso öfter wird bestehender Code erweitert, getauscht, gelöscht, verändert. Features werden erdacht, entwickelt, ausgerollt und dann doch noch 2-3-5-10 mal neu durchdacht und verändert da man meistens nicht mehr traditionell ein Projekt von Anfang bis Ende vor der Entwicklung durchdenkt sondern mehr oder weniger on the fly viele kleine Entscheidungen treffen muss.
Optimiert wird meistens erst wenn die fast die Beta steht. Also der Punkt wenn das Spiel Featurecomplete ist und es nur noch um Feinschliff geht. Kommt es danach zu großen Problemen dass man gesamte Features umbauen muss ist man zu früh in die Beta gegangen. Danach versucht man dann den bestehenden Code ohne seine Funktion zu verändern performant zu machen. Natürlich überlegt man schon während des Alphastatus ob gewisse Features evtl. abgespeckt werden müssen weil deren Code nur schwer optimierbar ist. (e.g. vollständige Physikberechnung). Aber sobald FC erreicht ist werden eigentlich nur noch Bugs gefixed und die Performance optimiert. Leider tun manche Bugfixes bzw. Sicherheitspatches die Performance auch wieder verschlechtern.
Die Retrospektive ist zwar nützlich um aus Fehlern zu lernen. Aber es ändert nichts daran dass man selbst als Entwicklungsstudio einfach sich nach der Ansage des Geldgebers richten muss. Und die ist meistens einfach Gewinnoptimiert. Es bringt einfach sehr wenig nach der Entwicklung zu sagen dass man vlt. dieses oder jenes Geld in Optimierung hätte stecken können. Projektentwicklung ist eine Reise mit vielen Höhen und Tiefen und Ziel ist es viele richtige Entscheidungen zu treffen. Man kann nicht alles richtig entscheiden weil man weder die Zeit, Mittel noch den Gesamteinblick in die Zukunft hat. Und wenn der Geldgeber dann rumzickt musst du jedes mal irgendwie noch was zusammenpacken damit er dir weiter Geld gibt. Und das selbst dann wenn du nichts dafür kannst sondern die einfach kein Vertrauen mehr haben. Manchmal begründet und manchmal einfach aus einer Laune heraus. Da kann ich die von Divinity Ego Draconis mal das Entwicklervideo ans Herz legen. Die wollten dem Spiel mehrfach den Hahn abdrehen obwohl der Entwickler dachte dass alles gut läuft.
Gravlens schrieb:
Und weil es gerade bei mir noch sehr präsent im Kopf ist, die Entwickler von Dragons Dogma 2 haben noch über den Fehler den sie nach einem halben Jahr gefunden haben und das gesamte Spiel ausgebremst hat, fast schon gescherzt, so hat es sich zumindest im Interview gelesen, also die Prioritäten sind dann bei manchen doch etwas unterschiedlich verteilt wenn man dann sich mein Beispiel von No Rest for the Wicked ansieht die ein denke ich wesentlich kleineres Budget haben als die Devs von Dragons Dogma 2.^^
Natürlich sind die Prioritäten auch mal unterschiedlich verteilt. Aber ich kann einfach EA Games, Ubisoft, Bethesda nennen und habe HUNDERTE Spiele die eben so entwickelt werden wie ich es formuliert habe. Es gibt immer Ausreißer und Gegenbeispiele. Das ändert aber nichts daran wie der Markt im allgemeinen funktioniert. Es ist ja lustigerweise genau der Grund warum wir gerade einen Riesen Umbruch im Markt haben. Weil es gibt mehr gute Spiele als die meisten Leute spielen können und die großen jetzt langsam Probleme bekommen. Und auch EA Games kann man ein gutes Spiel rausbringen. Das ist aber nicht die Regel.
Nur weil es 1 Spieler gibt der ein Spiel in 2 Stunden durchspielt heisst das noch lange nicht dass die meisten nicht 100 brauchen. Die Ausreißer sind statistisch (durch die Masse an Meßwerten nicht dadurch dass ich sie rausnehme) irrelevant und Einzelereignisse beweisen nicht dass es im allgemeinen anders gehandhabt wird sondern nur in diesem einen Fall.
Versch. große Budgets sind am Schluss halt auch so eine Sache. Niemand gibt ein reines Code-Entwicklungsbudget an. Wenn sowas wie 200 Millionen genannt werden wieviel ging dann davon ins Marketing? Wieviel in Sound, Mocap, Cinematics? Also wieviel von dem Budget ging letzlich in den Programmierten Code? Und dann vergleichst du zwei völlig verschiedene Spiele miteinander. Das funktioniert einfach nicht. Dann noch zwei völlig versch. Ansätze. Das eine ist effektiv Dragons Dogma 1 in moderner Programmiert. Ich will gar nicht wissen mit wieviel technical debt die zu kämpfen hatten. Dann ist es eben der "2." Teil heisst man muss sich an viel mehr bekannten richten und hat nicht mehr soviel Freiheit. Es ist viel schwerer etwas genau so zu programmieren wie es vorher war als etwas neues das ähnlich funktioniert weil man dann die Freiheiten hat. Manchmal wird etwas entwickelt und dann kommt etwas tolles dabei durch Zufall heraus dass man ursprünglich gar nicht wollte aber dann beim testen besser findet als die vorherige Idee und dann vom Geldgeber absegnen lässt. Ich glaube du machst es dir zu einfach.